Die Gefahr einer Thrombose während eines Langstreckenfluges wird von vielen Reisenden unterschätzt. Es ist zwar richtig, dass jüngere Leute meistens noch keine Probleme haben, doch niemand weiß, wann der Körper nicht mehr jung genug ist, um die eigenen Venen zu schützen.
Dazu kommt, dass die Altersgrenze für Thrombosen bei Langstreckenflügen immer weiter sinkt und auch immer mehr junge Menschen (unter 25) mit Problemen zu kämpfen haben. Wer zu einer Risikogruppe gehört, sollte keinen Flug über 4 Stunden ohne Kompressionsstrümpfe antreten.
Der Hauptgrund für die erhöhte Thrombosegefahr ist das stundenlange Sitzen, das bei langen Zug-, Bus- oder Autofahrten genauso ein Problem darstellt, wie beim Fliegen. In den Beinen ist die Venenmuskelpumpe für die Blutzirkulation verantwortlich. Diese funktioniert im Sitzen allerdings kaum noch, da die Beine im Knie- und Hüftbereich abgewinkelt sind und der Blutrückfluss eingeschränkt wird. Infolgedessen staut sich das Blut in den Beinen, was im besten Fall “nur” zu geschwollen Beinen und Knöcheln führt. Bei Zug- oder Busreisen sollte man regelmäßig umherlaufen, um die Venenmuskelpumpe wieder zum Arbeiten anzuregen. Bei langen Autofahrten sollte man außerdem regelmäßige Pausen einlegen, um sich die Beine zu vertreten. Im Flieger ist die Thrombosegefahr allerdings am höchsten, da noch weitere Faktoren hinzukommen:
Im Flugzeug hat man am wenigsten Bewegungsmöglichkeiten, da die Gänge von Getränkewagen blockiert sind und die Flugbegleiterinnen stehende Gäste zum Sitzen auffordern. Bei einem 6-stündigen Flug steht ein Flugreisender nur 1-2 Mal auf, um auf die Toilette zu gehen. Das ist eindeutig zu wenig!
Der Luftdruck im Flieger ist ähnlich niedrig, wie auf einem 2400 m hohen Berg. Durch den fehlenden Luftdruck weiten sich die Venen und das Blut fließt langsamer, was die Bildung von Blutgerinnseln begünstigt. Bei Vielfliegern ist die Anzahl der roten Blutkörperchen ggf. zusätzlich erhöht, da in der Flugzeugkabine weniger Sauerstoff zur Verfügung steht und der Körper die Muskeln dennoch ausreichend versorgen möchte. Dies führt zu einer vermehrten Produktion von roten Blutkörperchen, die sich eher zu einem Thrombus zusammenschließen.
Die Luftfeuchtigkeit im Flugzeug beträgt nur 5 - 10%, was 15 - 20% weniger als auf dem Boden ist. Dadurch verliert der Körper durch die Verdunstung der Hautfeuchtigkeit und durch die Atmung um einiges mehr Flüssigkeit als sonst. Kaffee, Alkohol oder der häufig vorkommende Reisedurchfall dehydrieren den Körper noch mehr. Der Flüssigkeitsverlust lässt das Blut dicker werden und die Thrombosegefahr steigen.
Es gibt einige Anzeichen für eine akute Thrombose. Diese müssen allerdings nicht unbedingt auftreten. Die Entstehung einer Thrombose kann auch völlig ohne Symptome oder Vorwarnung auftreten. Bei folgenden Anzeichen gilt jedoch eine erhöhte Alarmbereitschaft:
Wenn Sie eines oder mehrere dieser Symptome verspüren, sollten Sie ggf. die Flugbegleitung informieren, da es zur Schädigung der Blutgefäße oder sogar zu einer Lungenembolie kommen kann.
Bei der möglichen Entstehung von Thrombosen unterscheidet man 3 Risikogruppen. Wenn Sie sich in der Risikogruppe II oder III befinden, sollten Sie vor langen Flugreisen unbedingt Ihren Arzt kontaktieren und mit Kompressionsstrümpfen oder einer Prophylaxe durch niedermolekulares Heparin vorsorgen.
Gesunde Personen unter 40 Jahren, die bisher keinerlei Venenleiden hatten. Die Entstehung von Thrombosen ist in dieser Risikogruppe bei Flügen unter 4 Stunden relativ unwahrscheinlich. Dennoch ist hier Vorsicht geboten. Laut dem Direktor des Kardiologe- und Diagnostik-Zentrums in Hamburg, Dr. Tomas Stein, können gefährliche Beinvenenthrombosen auch bei jungen und sportlichen Personen auftreten.
In dieser Risikogruppe befinden Sie sich, wenn Sie über 40 Jahre alt sind, an Übergewicht oder Herzleistungsschwäche leiden, Ihre Beine gelähmt sind, Sie Krampfadern haben, rauchen oder die Anti-Baby-Pille einnehmen, eine Hormonersatztherapie für die Wechseljahre anwenden, schwanger sind oder in den letzten 6 Wochen einen Herzinfarkt erlitten haben.
In der höchsten Risikogruppe befinden Sie sich, wenn Sie bereits eine Thrombose oder Lungenembolie hatten oder eine familiäre Blutgerinnungsstörung vorliegt. Auch Personen mit Herzschwäche, einem gelenkübergreifenden Gipsverband oder Tumorpatienten befinden sich in Risikogruppe III.
Während eines Flugs oder bei anderen Langstreckenreisen können Sie einiges zur Vorbeugung von Thrombosen tun. Hier einige Tipps:
Bewegung Selbst im Flugzeug sollten Sie jede Möglichkeit zur Bewegung nutzen und sich die Beine vertreten. Wenn Sie vor der Toilette warten müssen, sollten Sie nicht einfach nur stehen, sondern auf der Stelle gehen, die Füße von den Fersen auf die Zehenspitzen rollen oder die Beine Anwinkeln und Ausstrecken. Auch im Sitzen können sie die Füße kreisen, die Zehen strecken und die Füße leicht in Richtung Bauch ziehen. Je mehr Wiederholungen, umso besser.
Beine nicht übereinanderschlagen Das Übereinanderschlagen der Beine quetscht die unteren Beinvenen zusätzlich ab, was die Blutzirkulation erschwert. Wenn Sie das Bedürfnis überkommt, die Beine nach oben zu legen, können Sie ein Bein seitlich anwinkeln und den Bereich zwischen Knöchel und Fuß auf das andere Knie legen. Doch auch diese Position sollte nicht zu lange gehalten werden.
Keine Schlaf- oder Beruhigungsmittel Durch die Einnahme von Schlaftabletten oder Beruhigungsmitteln verlangsamt sich die Blutzirkulation und Sie bewegen sich noch weniger. Es ist besser, den verlorenen Schlaf in einem richtigen Hotelbett nachzuholen.
Sitzplatz am Gang Da eine ausreichende Bewegung am wichtigsten ist, sollten Sie auf einen Fensterplatz verzichten und einen Sitzplatz am Gang reservieren. Dort ist es einfacher, mal kurz aufzustehen und sich die Beine zu vertreten ohne ggf. schlafende Mitreisende zu stören.
Kaffee und Alkohol meiden Wie schon beschrieben, dehydriert der Körper beim Fliegen. Alkohol und Kaffee entziehen dem Körper ebenfalls Flüssigkeit, was das Blut dicker werden lässt. Stattdessen sollten Sie ausreichend Wasser trinken und ggf. noch im Duty-Free eine eigene Wasserflasche kaufen, um nicht auf die relativ geringe Flüssigkeitsversorgung “an Bord“ angewiesen zu sein.
Übersäuerung Eine Übersäuerung lässt die roten Blutkörperchen vermehrt stagnieren. Durch eine ausgeglichene Ernährung, basische Lebensmittel und Bewegung kann man einer Übersäuerung entgegen wirken. Kaffee und Alkohol sollte man auch deswegen meiden.
Kalt abduschen am Reiseziel Am Reiseziel angekommen, können Sie kaltes Wasser über die Waden laufen lassen, um die Blutzirkulation in den Beinen wieder zu aktivieren.
Die richtige Kleidung Enge Hosen oder Röcke, die am Bund abschnüren, sollten Sie unbedingt meiden. Lockere Jogginghosen sind die bequemste Variante. Wenn Sie sich auf Geschäftsreise befinden, entscheiden Sie sich besser für die “größere” Hose und schnallen Sie den Gürtel ruhig 1-2 Löcher weiter.
Bei akuten Beschwerden Wenn Sie an akuten Beschwerden leiden, sollten Sie sich überlegen, ob Sie die Reise überhaupt antreten. Eine tiefe Beinvenenthrombose oder eine Lungenembolie ist kein Urlaub und keine noch so lukrative Geschäftsreise wert.
Für längere Reisen sollten Sie Kompressionsstrümpfe mit mindestens 15-20 mmHg (Kompressionsklasse 1 oder 2) wählen. Wer an akuten Problemen leidet, sollte dies vorher mit einem Arzt absprechen und die Strümpfe 1-2 Wochen vor der Reise ausgiebig testen. Wer im Flugzeug merkt, dass die Strümpfe zu eng oder zu weit sind, hat keine Möglichkeit dies zu korrigieren. Einfache Stützstrümpfe oder Reisestrümpfe sind in der Regel nicht zu empfehlen, da diese über keine graduierte Kompression verfügen und die Kompressionsstärke meistens unter 15-20 mmHg liegt. Zu empfehlen sind z.B. die Kompressionsstrümpfe Traveno von Sigvaris, die speziell für Reisende angepasst wurden.
Fazit: Trotz vieler Risikofaktoren beim Fliegen ist das Risiko einer Reisethrombose relativ gering. Laut einer Statistik aus England stirbt von 3,25 Millionen Fluggästen nur einer an einer Lungenembolie. Gegen die Schwellung der Beine und vorbeugend gegen alle anderen Venenleiden lohnt es sich dennoch auf dem nächsten Langstreckenflug ein Paar Kompressionsstrümpfe anzuziehen.